"Geheimplan gegen Deutschland" - Szenische Lesung am 25.04.2024

WN, Freitag, 26.04.2024, 17:30 Uhr
Von Brigitte Striehn

Kulturkirche: Correctiv-Recherche zum „Geheimplan gegen Deutschland“

Publikum erschüttert und hoffnungsvoll zugleich
Ladbergen
Um ein Zeichen für eine offene Gesellschaft zu setzen, hatten die Verantwortlichen der Kulturkirche Akteure des Stadtensembles Münster nach Ladbergen eingeladen, die sich mit den Correctiv-Recherchen zum „Geheimplan gegen Deutschland“ beschäftigten – ein informativer und nachdenklich stimmender Abend vor mehr als 100 Zuhörern.

In den vergangenen Monaten wurde häufig über die Recherchen des Medienunternehmens „Correctiv“ zu einem sogenannten „Düsseldorfer Forum“ berichtet und diskutiert. Investigative Journalisten hatten dokumentiert, wer an dem Treffen in einem Landhaus in der Nähe von Potsdam am 25. November 2023 teilgenommen hatte und welche Themen auf der Tagesordnung standen. Die Ergebnisse veröffentlichten sie am 10. Januar 2024 unter dem Titel „Geheimplan gegen Deutschland“. Der Beitrag schlug hohe Wellen und mobilisierte Millionen von Menschen zu Demonstrationen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus. Auch in Ladbergen waren Ende Februar hunderte Bürgerinnen und Bürger auf die Straße gegangen.

Ein Team von Schauspielern des Berliner Ensembles und des Volkstheaters Wien verarbeitete am 17. Januar 2024 die Enthüllungen in einer szenischen Lesung, die in der Folge von vielen Theatern übernommen wurde. Sie ist im Netz nachzuhören. Am Donnerstagabend gastierten sieben Schauspielerinnen und Schauspieler des „Stadtensembles Münster“ mit einer abgewandelten Version in der Kulturkirche St. Christophorus. Die Moderatoren Raimund Pfohl und Edith Verweyen begrüßten dazu über 100 Zuhörer. „Wir wollen mit der besonderen Veranstaltung ein Zeichen setzen für eine offene Gesellschaft“, betonte Pfohl.

„Wir wollen mit der besonderen Veranstaltung ein Zeichen setzen für eine offene Gesellschaft.“
Raimund Pfohl

„Unsere Lesung soll ein Impuls für das anschließende Gespräch sein“, stellte Carola von Seckendorff, die künstlerische Leiterin des Theaters, fest. Zu jener Tagung Ende November war ein „exklusives Netzwerk von Patrioten“ eingeladen gewesen – darunter Politiker von AfD und CDU, Neonazis sowie finanzstarke Unternehmer. Eines der Ziele war die Einwerbung von Spenden mit dem Ziel der Förderung rechtsextremer Bündnisse – auch wenn dies vehement bestritten wurde.

Die Akteure traten als Bühnenfiguren auf, wurden jedoch beim Namen genannt. Gernot Mörig, einer der Gründer des Forums, ließ bei der Begrüßung keinen Zweifel an der Geisteshaltung der Teilnehmer aufkommen. Martin Sellner, ein rechtsextremer Aktivist aus Österreich, legte seinen beängstigenden „Masterplan zur Remigration“ von Ausländern vor. Zaghafte Rückfragen zur praktischen Umsetzung dieser „Deportationen“ wischte er vom Tisch. Deutsche Staatsbürgerschaft sei kein Hinderungsgrund, hob er hervor.

Von kruden Vorstellungen und „völkischen Idealen“

Weitere Redner, wie hochrangige AfD-Politiker, Bundestagsabgeordnete, Vertreter der Identitären Bewegung und ein verurteilter Gewalttäter, der von Gestapo-Methoden faselte, hatten bei dem Geheimtreffen ihre kruden Vorstellungen und „völkischen Ideale“ verbreitet. Sie stehen unter correctiv.org im Internet.

Nach der interessanten Lesung von Tilman Rademacher, Christiane Hagedorn, Manfred Kerklau, Ulrich Bärenfänger, Carola von Seckendorff, Carolin Wirth und Hermann Fischer verlas von Seckendorff den Kommentar „Emre is not amused“ von Ayşe Güvendiren zu der Veranstaltung im Berliner Ensemble, die sie als zynisch empfand. In Münster waren unangemessene Szenen gestrichen worden.

In der anschließenden intensiven Diskussion meldeten sich viele Zuhörer zu Wort. Sie zeigten sich von den beschriebenen Absichten und konkreten Plänen rechtsextremer Kreise erschüttert oder drückten die Hoffnung aus, dass die Demonstrationen etwas bewirkt haben. Gegensätzliche Meinungen und Perspektiven zuzulassen, gehöre jedoch zur Demokratie. Durch persönliches Engagement und die Vermittlung fundierten Wissens ließe sich gegensteuern, ebenso wie durch die Weitergabe von Werten an nachfolgende Generationen. Kirche und Christen müssten auf diesem Weg Vorbilder sein, erklärte eine Zuhörerin. „Gehen Sie am 9. Juni 2024 zur Europawahl“, riet Alexander Fenker vom Team der Kulturkirche den Besuchern.

Duodorant-Kabarett am 15.04.2024

Zurück aus der Zukunft – Neues von morgen für die Kirche von gestern

Die Kulturkirche St. Christophorus in Ladbergen wartete Sonntag, den 14.04.2024 wieder einmal mit einem besonderen Schmankerl für Kulturfreunde auf. Die Düsseldorfer so called „Hobby-Kabarettisten“ Thomas Alt und Markus Lüke-Artelt zeigten mit ihrem Programm, dass sie den Vergleich mit manchen Großen ihrer Zunft nicht zu scheuen brauchen und brannten zum schwierigen Thema „Kirche“ ein Feuerwerk witziger ,ulkiger, urkomischer aber auch tiefgründiger und zutiefst nachdenklich stimmender Beiträge ab. Nachdem Alexander Fenker die beiden als „Duodorant“ auftretenden Künstler vorgestellt hatte, forderte der fortan nur noch „Markus“ genannte und im wahren Leben als Informatiker tätige Lücke-Artelt das Publikum auf, mit „Du,Du,Du“ in das virtuos von seinem Counterpart, dem Pädagogen Alt alias „Thomas“, am Klavier begleite Eingangslied einzustimmend. Das ließ sich nicht lange bitten und bestätigte damit das Versprechen im werbewirksamen Liedtext „Duodorant macht dich frisch und hält dich wach – bringt dich durch den ganzen Tach“. Derart vorgestellt hatten die Beiden nun auch das Bedürfnis, das Publikum näher kennenzulernen, und eruierten sogleich den Anteil der konfessionellen Zugehörigkeiten, der etwa zu gleichen Teilen katholisch/evangelisch auszumachen war.

Das Duo erklärte den erwartungsfrohen Gästen, es sei soeben und ganz wie aus einschlägigen Filmen bekannt, zurück aus der Zukunft gekommen. Mit dem im weiteren Verlauf öfters zitierten Kindervers „Wir sehen etwas, was ihr nicht seht“ berichteten sie jeweils von neuen Erfahrungen und Visionen, die ein gänzlich anderes Bild von Kirche zeichnen. Beispielsweise hat sich die Kirche der Zukunft durch ein am kapitalistischen Leitbild des Erfolgsmodells „Wirtschaft“ orientiertes Qualitätsmanagement, zu einer von Instagram und TikTok abhängigen Konsumkirche gewandelt, mit Köln als Signal-Iduna-Domsitz. Fußgänger- und Rollator-Gottesdienste sind da ebenso an der Tagesordnung wie eine nach spezifischem Alter ausgerichtete Zielgruppensortierung, die neben alten, ganz alten und uralten Gläubigen eigens auch alte pensionierte Pfarrer sortiert. Diese würden im Jahr 2067 aber erst mit 93 Jahren in den Ruhestand gehen, ulkten die Humoristen. Derart eingestimmt brauchte es nicht einmal das Duodorant-Weihwasser, mit dem die als „Restchristen“ verballhornten Gäste besprengt, nein „erfrischt“ wurden, um hellwach und amüsiert dem weiteren Geschehen zu folgen. In dem stellte das Duo seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis:

Ein kurzer Turn zur Kulisse, die aus allerlei Kostümständern bestand, und schon bot sich dem Publikum z.B. ein Frauenpaar, das sich mit einem nur aus Markennamen bestehendem Vokabular unterhält, oder ein Engelspaar als Flugbegleiter auf einem Nichtsünderflug ohne Notausgang in die Ewigkeit, oder zwei Sportler, die im Fitness-Wahn alltägliche Absurditäten offenlegten oder ein Autofahrer in Begleitung künstlicher Intelligenz. Ein Blick auf den Ablaufplan an der Garderobe genügte den Vollblutkabarettisten, um eine große Bandbreite ihres Könnens abzuliefern, das kaum ein kirchliches Thema unberührt oder unkommentiert ließ. So sei die Kirche längst konfessionell fusioniert, berichteten Sie aus der Zukunft, mit dem Papst als Vorsitzenden und Frau Käsmann – mangels alternativer Beschäftigungsmöglichkeit – als zuständige Fahrerin im Verkehrsresort. Natürlich hätten sich viele Kandidaten für Architektur und das Bauwesen gefunden. Während der Petersdom nun konfessions- und Ministranten- freier Sitz der Gemeinschaft sei, habe der Papst jetzt auch Gelegenheit, das Weihrauchfass auf der Wartburg zu schwingen, erklärten die Kabarettisten den amüsierten Zuhörern. Die Vorstellungskraft von Duodorant entführte die Gäste in die unterschiedlichsten Zukunftsszenarien. Von dem Extrem der nahezu völlig aufgelösten Zukunftskirche, mit einem kleinen Glaubensrest im Weltkirchenzentrum Ladbergen, bis hin zum krassen Gegenteil,wo Fußballstadien gefüllt sind mit Rosenkranz betenden Fans und wo Straßengangs mit Taize-Gesängen durch die Städte ziehen, war alles dabei. Aus DER Zukunft hat sich das Duo dann doch wieder freiwillig in die Gegenwart geschickt.

Bemerkenswert, wie schnell es Thomas Alt zwischen den ausgelassenen Bühnenstücken immer wieder gelingt, mit seinem einfühlsamen und textlich wie musikalisch anspruchsvoll vorgetragenem Klavierspiel Kontrapunkte zu setzen. „Toll, was er aus dem Ladberger Klavier so alles rausholt“ kommentierte dann auch eine zufällig anwesende und in Ladbergen tätige Organistin. „Ich glaube an einen Gott, der lacht“ wollte man Alts Gesang gerne zustimmen und seiner Vorstellung von Gott folgen: „Ich glaube an einen Gott, der gerne singt“, „…der auch mal weint“, und gelegentlich „…zürnt“, „…der mit uns lebt“. 

Markus Lüke-Artelt wusste dagegen durch seine Spontanität und Kommunikation mit dem Publikum zu überzeugen. Gekonnt, wie er dem zustimmend nickendem Gästen Murphy’s Gesetz, „was schief gehen kann geht auch schief“, durch die Beschreibung von Alltagssituationen vor Augen führte, um es mit einem Brückenschlag zum Glauben und zur Religion in einer Gegenrede von der Alternative des positiven Denkens zu überzeugen. Duodorant musste wohl einen Schutzengel gehabt haben, da die Kabarettisten trotz aller potentiellen Gefahren im Leben und insbesondere im Straßenverkehr auf der A1, gesund und wohlbehalten den Weg nach Ladbergen gefunden haben. 

Mit „wann stellt jemand die richtigen Fragen“ widmete das Duo einen großen Teil ihres Auftritts dem Thema Ökumene und prognostizierte die Beantwortung dieser Frage, die zugleich auch Anliegen zu sein schien, in die Zukunft.  Dort hätten Koalitionsverhandlungen längst zu einer Agenda 2030 geführt und alle trennenden Fragen, auch noch vorhandene Unterschiede in der Auffassung zu Eucharistie, wären längst dem Einsehen gewichen, letztlich doch eines Glaubens zu sein. Das Klavierstück „Nur Stein“ widmete Duodorant den Orten des Glaubens und deren drohendem Schicksal, entwidmet, entweiht oder abgerissen zu werden. Der Hinweis, sie seien Orte gelebten Lebens gewesen, die Zeugnis ablegen vom Glauben vieler Menschen und Generationen, stimmte nachdenklich. Mit der kabarettistischen Aufführung der Fernsehsendung Deutschland sucht den Superpriester (DSDSP) hatte das Duo wieder alle Lacher auf ihrer Seite. Kein Wunder, dass es nicht ohne eine wunderbare Zugabe in Form eines Sketches mit durchweg aus Orts- und Länderbezeichnungen bestehendem Vokabular, davon kam. Natürlich durfte auch Ladbergen nicht ungenannt bleiben. Mit „Würselen“ für „Wiedersehen“ verabschiedete sich das Duo. Dem kann man sich mit der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen nur anschließen.

Fotos und Text Peter Oehmen

Veranstaltungsfotos

"Hiob – und andere Geschichten aus der Dunkelheit" am 29.03.2024

Pressetext für WN, Montag, den 01.04.2024
Von Brigitte Striehn

Ein Lichtschein in der Dunkelheit
Literarisch-musikalischer Karfreitag in der Kulturkirche Ladbergen   

Wenn es ringsum dunkel wird in der Welt, können Literatur und Musik einen Schimmer Licht zu den Menschen bringen. Berichte von Krieg, Klimawandel, aufkeimendem Rechtsextremismus und antisemitischen Tendenzen spalten die Gesellschaft. Sie zeichnen oft ein düsteres Bild der Gesellschaft, das an einem Tag wie Karfreitag mit dem biblischen Geschehen vom Kreuzweg Jesu Christi und seinem Tod am Kreuz zusammenfällt.  

In der Kulturkirche St. Christophorus in Ladbergen kamen am Karfreitag viele Besucher zusammen, um nach dem Hoffnungsschimmer zu suchen, der einen Ausweg aus dem Dunkel und eine Perspektive für die kommende Zeit verspricht. Gabriele Fiegenbaum begrüßte dazu den Sprecher Sebastian Aperdannier und Bruno Grabowski, der die Lesung mit dem Titel „Hiob – und andere Geschichten aus der Dunkelheit“ am Klavier begleitete. „Wir werden Geschichten hören, denen wir uns nicht entziehen können - aus der Nähe, aus der Ferne, von heute, von gestern“, kündigte Gabriele Fiegenbaum vom Team der Kulturkirche an. Die Texte seien es wert, nicht nur gehört, sondern auch „bedacht“ zu werden.

Als musikalischer Einstieg erklang die schöne Ballade „Always By Your Side“ von Ralph Towner. Dann stellte Aperdannier Mendel Singer vor. Der jüdische Thoralehrer war fromm, sein Gewissen rein und keusch. Joseph Roth hat ihm in seinem Roman „Hiob“ ein Denkmal für unerschütterlichen Glauben an Gott gesetzt, der auch durch traurige Schicksalsschläge nicht zerstört werden konnte. Einige Takte Musik leiteten zu einem Nachruf auf die kanadisch-israelische Friedensaktivistin Vivian Silver über, die bei dem Massaker der Hamas im Oktober 2023 ermordet wurde. Ihre palästinensische Freundin Samah Salaime zeichnete von ihr das Bild einer Frau, die an die Macht der Frauen und der Liebe glaubte.

Die Jazz-Komposition „Peace Piece“ von Bill Evans verband die Lesung mit dem nächsten Text, den Aperdannier selbst geschrieben hatte. Gebannt erfuhren die Zuhörer, wie israelische Siedler die Existenzgrundlage einer palästinensischen Familie im Westjordanland zerstören und sich über die Angst und Schan der Gedemütigten lustig machten. „Du musst leben“, wiederholte der Familienvater im Verborgenen seine Hoffnung auf Rettung. Aus einer anderen Zeit stammte der Abschiedsbrief von Helmuth James Graf von Moltke an seine Frau Freya aus dem Gefängnis. „Sei getrost und unverzagt“, gab er ihr noch wenige Tage vor seiner Hinrichtung am 23. Januar 1945 in Plötzensee mit auf den Weg.

Um ein Familiengeheimnis rankte sich die Erzählung „Der Vater“ von Sebastian Aperdannier, die er anlässlich des 80. Jahrestages der ersten Deportation Münsteraner Juden vom 13. Dezember 1941 verfasst hatte. Die Lesung endete mit einem Gebet der in Auschwitz ermordeten jüdischen Schriftstellerin Etty Hillesum und dem Gedicht „Die Menschen“ von Rose Ausländer. Bruno Grabowski ließ den Nachmittag mit dem Choral „Herr ich bin dein Eigentum“ ausklingen. „Wenn wir am Karfreitag betrübt auf das Kreuz blicken, sehen wir darin bereits die Auferstehung und künftige Freiheit“, so Aperdannier. Er hatte Spuren feinsten Lichts in der Dunkelheit sichtbar gemacht. Für Caritas International bat er um Spenden, die das Leben der Bevölkerung im Gazastreifen erleichtern.

Peer Christian Stuwe – Ausstellung und Konzert am 09.03.2024

Die Ausstellung „Nachgedanken“ von Peer Christian Stuwe mit anschließendem Konzert der Band „dreimann“ wurde am
Samstag, den 9. März 2024 um 18:00 Uhr in der Katholischen Kirche St. Christophorus in Ladbergen eröffnet.

Raimund Pfohl von der Kulturkirche St. Christophorus begrüßte die Künstler und Gäste. Danach gab Kunsthistorikerin Ingrid Raschke-Stuwe eine Einführung in das ausgestellte Werk ihres Mannes.

Weitere Informationen
Die Ausstellung konnte vom 09. bis 24. März 2024, sonntags von 9.00 bis 11.00 Uhr und nach Vereinbarung in der Kulturkirche St. Christophorus, Waldseestraße 1, in 49549 Ladbergen besichtigt werden.

Weitere Informationen sind über die Homepage Stuwe oder den Pressebericht Westfälischen Naschrichten abrufbar.

 

Ausstellungsfotos