Andacht zum Thema "Bäume und Menschen"

Texte und Bilder

Am Sonntag, den 05.05.2024 um 18 Uhr fand in der Bodelschwingh-Kirche in Lengerich-Wechte eine ökumenische Andacht statt.

Das Vorbereitungsteam hatte sich etwas Besonderes zum Thema "Bäume und Menschen" überlegt und zu beeindruckenden Aufnahmen von Bäumen aus der Umgebung die nachfolgenden anregenden, berührende und nachdenklich stimmenden Texte verlesen.

Im Anschluß an die Andacht wurden im Grünstreifen vor der Kirche zu zwei vorgepflanzten Obstbäumen (Pflaumenbaum und Williams Christbirne) ein weiterer gepflanzt. Die Anwesenden konnten die Pflanzung eines Dülmener Rosenapfel in geselliger Runder mitverfolgen. Wie im Pfarrgarten in St. Margareta sollen auch hier zu besonderen Anlässen (z.B. Eheschließung) als wertvolle Beiträge für die Umwelt und zur bleibenden Erinnerung weitere Bäume gestiftet und gepflanzt werden.

 

Vortragstexte und Gedanken zu "Bäume und Menschen"

Waren das nicht wunderschöne Bilder von Bäumen aus der Umgebung?  Anita und Christine waren schon wochenlang auf der Suche nach passenden Motiven. Herzlichen Dank. Vielleicht haben Sie was wiedererkannt? Wir haben uns auch Gedanken gemacht über Bäume und Menschen. Beide sind in je unterschiedlicher Weise zwischen Himmel und ERDE. Man kann sich an ihrer Schönheit erfreuen und an ihrem Schatten, aber das ist noch mehr.
Sie überragen uns nicht nur an Höhe, sondern überdauern uns auch an Lebenszeit. Früher ritzte man Herzen in die Rinde, um die Liebe anzuzeigen und verewigen, heute gibt es Friedwälder, Menschen lassen ihre Asche am Fuße eines Baumes beisetzen oder verstreuen, um dann mit ihrer Energie in diesem Organismus wieder einzugehen.
Weil Bäume so besonders sind, wurden sie in der Dichtung daher auch gerne als Symbol für menschliches Leben genommen.

Wie es im Psalm 1 ist, ein Gedicht, der 1. Psalm, gewissermaßen ein Programm für die folgenden 150 Ps. der Fall ist.  Wir hören ihn in einer modernen Übertragung.

Schau,
wie der Baum gedeiht,
der nah am Bach steht.
Kraftvoll wächst er,
und seine Zweige sind voll grüner Blätter.
Sie welken
auch unter sengender Sommerhitze nicht.
Denn seine Wurzeln haben Wasser in Fülle,
gutes Erdreich ist sein Nährboden.
Früchte trägt er zu seiner Zeit,
und es freut sich an ihm,
wer ihn sieht.

Schau,
so ist auch der Mensch,
der in der Nähe Gottes lebt.
Er findet Geborgenheit und Hoffnung bei ihm,
wenn er sein Wort hört
und mit Verstand und Herz bedenkt,
wenn er auf seine Zusagen vertraut
und sich Weisung sein lässt,
was andere mit Gott erfahren haben.
Der Mensch hat einen festen Stand,
und er wächst in seinem Innern
Tag um Tag.

Das ist ein poetischer Text mit schönen Bildern von lebendigen, kräftigen Bäumen am Wasserbach.
Der Baum ist hier eine Metapher, ein Symbol für den Menschen.
Im ersten Teil geht es darum, wie ein guter Baum gedeiht:
mit gutem Erdreich, mit Zugang zum Wasser > dann entwickelt er selbst bei Dürre starke Wurzeln und wird hoch wachsen und Früchte tragen. Eine perfekte Pflanzanleitung!
Im zweiten Teil überträgt er das auf den Menschen:
Was braucht der Mensch, damit auch er gut gedeiht?
Das wichtigste zuerst: Er muss in der Nähe Gottes leben. Er soll sich nicht von ihm entfernen. 
Ein glücklicher Mensch ist demnach eng mit Gott verbunden, verbunden mit dem Wasser des Lebens, eben wie ein Baum der direkt neben dem Wasser steht.  Dieser Mensch denkt über Gottes Wort nach und versucht, danach zu leben, denn Gottes Wort gibt ihm Hoffnung und Geborgenheit in schweren Zeiten. Auch profitiert er davon, was andere Menschen von Gott erzählen.  Dann hat er einen festen Stand wie ein kräftiger Baum und wächst innerlich von Tag zu Tag. Eine uralte, Anleitung für ein gelungenes Leben.

Ein schönes Bild, eine schöne Metapher  -  von damals
Aber heute?    Können wir dem noch was abgewinnen?
Lohnt es sich überhaupt, sich mit alttestamentlichen Vorstellungen auseinanderzusetzen?  
Der Mensch in der Nähe von Gott ????

Nicht wirklich. Nicht in der Mehrheit der Gesellschaft.
Wir heute in der westlichen Welt haben nicht Gott auf dem Schirm,
sondern uns selbst. Nicht Gott ist unser Herr, wir wollen selber Herr über unser Leben sein.
Die Entwicklung, diese Entfremdung zu Gott spiegelt sich auch in unseren Kirchen genauso wieder:
Jedes Jahr Jährlich treten unglaublich viele Menschen aus der ev. und kath. Kirche aus  - auch hier aus dem ländlichen Raum, wo eigentlich wenigstens noch Tradition und  der Gemeinschaftsgedanke lebendig sein sollten - weil sie mit den spirituellen Gedanken nichts mehr anfangen können und diesen sogar für rückständig halten und sich darüber lustig machen oder wollen zumindest die Kirchensteuer sparen. Die Vorstellung eines allmächtigen Gottes ist den Menschen fremd geworden, Quellen des christlichen Glaubens, das Wasser des Lebens in der Dichtersprache werden mehr und mehr verschüttet.

Nur: Leben die Menschen ohne Gott besser? Was ist gewonnen, wenn man Gott oder den Gedanken einer höheren Macht gar nicht mehr zulässt? Leben wir doch besser nach ihren eigenen Maximen und Vorstellungen? Schauen wir auf die aktuelle Jugendstudie. Ein erschreckend hoher Anteil der Jugendlicher hat Angst vor der Zukunft, fürchtet sich wie wir alle vor den Krisen, vor den Kriegen, vor Umweltkatastrophen. Zu viele fühlen sich überfordert mit Entscheidungen, fallen in Depression oder Hoffnungslosigkeit. Es ist ja auch nicht so leicht, wenn man das eigene Leben selbst in die Hand nimmt und so verantworten muss. Wie leicht gibt es Fehlentscheidungen. Eine Kraftquelle von außerhalb täte ihnen vielleicht gut, wenigstens ein elementares Gottvertrauen, aber die Quellen des Glaubens sind vielerorts verschüttet und nicht so einfach  wieder zu finden.

Neulich sagte mir jemand nach dem plötzlichen Tod des jüngeren Bruders: „ Ich würde so gerne glauben, aber ich kann es nicht.“ Die ältere Dame wußte noch, dass Christen an die Auferstehung der Toten glauben, aber sie konnte es von ihrem Herzen nicht mehr nachvollziehen. Damit war dieser Hoffnungsfaden gekappt, der Zugang zum lebendigen Wasser versperrt. Aber nicht nur in schweren Zeiten würde uns ein tragfähiger Glaube hilfreich sein. Wir könnten das Leben insgesamt etwas gelassener angehen.

Viele versuchen ja selbst, sich einen Plan für ihr Leben zu machen, in der Psychologie werden sie zum T. dazu aufgefordert: Wo willst du in 10 Jahren stehen? Dann werden Pläne gemacht. Aber es klappt eben nicht immer.
Am ausgesuchten Studienort wurde man vielleicht nicht angenommen, der anvisierte Arbeitsplatz wurde anderweitig vergeben……. Enttäuschung macht sich breit, man hinterfragt sich und hat schnell Zweifel am eigenen Wert.
Aber wer weiß, wofür es gut war. Vielleicht taucht am anderen Studienort  plötzlich der Partner fürs Leben auf oder eine andere Arbeitsstelle bietet noch viel mehr Möglichkeiten.

Zufall?  Fügung? ein höherer Plan? Wer weiß? Man sollte offen sein für die Möglichkeiten, die einem entgegenkommen, für Ungeplantes, und den neuen Wegen vertrauen.

Kommen wir zur Ausgangsfrage zurück: Kann uns das Bild noch was sagen? Ich denke ja. Ein Baum am Wasser, ein Mensch mit elementarem Gottvertrauen gedeihen besser. Er lebt besser, gelassener, zuversichtlicher. Damals wie heute brauchen Menschen Hoffnung und das Gefühl, geborgen zu sein, von guter Hand geführt zu werden. Das ist eine anthropologische Grundkomponente durch alle Zeiten hindurch. So kann uns der Zugang zu einer Kraftquelleaußerhalb von uns selbst, zu einem Bach, zum lebendigen Wasser viel Kraft geben, denn unser Leben haben wir nicht selbst in der Hand. Gott sei Dank müssen wir dann aber auch nicht alles selber schaffen, manches fällt uns zu, manches wird uns geschenkt. Wenn man darauf vertraut, können wir auch zum Segen werden für andere, Dann können wir aus unserer Haltung heraus Früchte tragen bis ins hohe Alter...

...mutig und gelassen in die Zukunft gehenund so selbst ein guter Baum werden.
(Paul Gerhard, L. 503)