86. Bibelwoche 2024

Und das ist erst der Anfang

Ökumenische Bibelwoche 2024

19.01.2024

o.li: Peter Kossen referiert zum Thema "Sündenfall", o.re.: Veronika Gruber sammelt für das Flipchart die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe, u.li: Zur Abschiedsandacht werden Bitten mit Kerzen am Altar abgelegt, u.re.: Unter der Moderation von Dr. Aloys Thomes (o.re.) folgen die Teilnehmer gebannt dem Bibeltext mit der Erzählung vom Regenbogen (Genesis 9,1 - 17,28)

Und das ist erst der Anfang

Rückblick

Mit einer ökumenischen Andacht ist am Freitag, den 02.02.2024 die Bibelwoche in St. Margareta zu Ende gegangen. Mit jeweils 25 bis 30 Gästen waren die Themenabende gut besucht.

Am 22.01.2024 wurde die ökumenische Bibelwoche mit der Auftaktveranstaltung zum Thema „Der Sündenfall“ eröffnet. Pfarrer Peter Kossen empfing die 27 interessierten Gäste in den Räumlichkeiten der Pizzeria MamaMia in Lengerich, die eigens für diese Veranstaltungen ihre Pforten geöffnet hatte und im Auftrag der Kath. Kirchengemeinde Seliger Niels Stensen mit einem für die Gäste kostenfreien Büffet aufwartete, von dem in der Pause ausgiebig Gebrauch gemacht wurde. Nachdem er sich mit einem Glöckchen Aufmerksamkeit verschafft hatte, erklärte Peter Kossen, dass er sich selbst oft frage, warum er überhaupt Theologie studiert habe, denn es hätten ihn seine Wege immer wieder in eine Pizzeria geführt, dem „verbogenen Paradies“ und da sei man schon direkt beim Thema. Derart humorvoll eingestimmt folgten alle gerne dem vorgetragenen Bibeltext zur Urgeschichte Genesis 2-3, der auch im umfangreichen Begleitheft nachzulesen war. Der Text beschreibt den Sündenfall Adams und Evas.

Eva veranlasste, durch die Schlage verführt, Adam vom verbotenen Baum der Erkenntnis essen zu lassen, woraufhin Gott die Schlange verflucht, Eva mit den Schmerzen der Schwangerschaft und die Menschen allgemein mit der Mühsal und Plage ihres Lebens bestraft. Peter Kossen nahm ausführlich dazu Stellung, indem er mit zahlreichen Verständnis- und Übersetzungsfehlern aufräumte. Der Mensch will demnach nicht wie Gott werden, sondern nur Gut und Böse unterscheiden lernen, was ihn reifen und dass Vertrauen wachsen lässt und die Verantwortlichkeit lehrt, die man z.B. braucht, um Kinder in die Welt zu setzen. Dabei ist die Erzählung keine „Wahrheitsgeschichte“ und auch kein „Science-Fiction“ sondern vielmehr eine „So ist dass Leben“ Geschichte. Es zeugt von großem Fehlverständnis, wenn sich deshalb der Mann z.B. berufen fühlt, über die Frau zu herrschen, oder wenn Frauen in der Schwangerschaft schmerzlindernde Mittel verweigert wurden, weil Gott die Schmerzen der Frau gewollt haben soll. Auch die Erbsündenlehre lässt sich damit nicht begründen und ebenso hat Gott die Frau auch nicht aus dem Mann erschaffen. Der Irrlehre zufolge meinen Frauen manchmal, „jeder hat einen Fehlversuch, um es dann besser zu machen“ kommentierte Kossen augenzwinkernd und hatte die lachenden Zuhörer sofort auf seiner Seite. „Erst durch die Frau wird der Mann zum Mann“ klärte er auf und leitete eine rege Diskussion ein, die sich an drei Fragestellungen entzündete. Die erste Frage bezog sich auf das, was sich beim Menschen ändert, wenn er/sie lernt, Gut und Böse zu unterscheiden, die zweite auf die Bedingungen menschlicher Freiheit und die dritte auf die Verantwortung und Konsequenzen aus der Fähigkeit, Gutes und Böses unterscheiden zu können. Als Quintessenz daraus wurde festgestellt, dass die Schöpfungsgeschichte dem Menschen Chancen für eine sinnvolle Lebensführung eröffnet und nicht „vertan-vertan“ bedeutet. Auch der Tod hat angesichts der Verheißung auf die „Freiheit der Kinder Gottes“ nicht das letzte Wort. „Gottes Wesenseigenschaft ist Barmherzigkeit“ meinte Kossen. Das würde aber nicht bedeuten, dass es nicht auch „dunkle Ecken“ gebe, die sich dem Menschen nicht erschließen. Nicht ohne Grund seien die größten Gestalten der biblischen Geschichte alle auch irgendwie Gescheiterte gewesen. Die Theologie der Befreiung aus den 70er Jahren, habe angefangen, damit aufzuräumen, alle Sünder von vornherein zu verurteilen. Sie ist nach jahrelanger Verurteilung, auch durch die Kirche, heute dort anerkannt. Auch die Theorie des sogenannten Opfer-/Täter-Schemas zeige, das die Schuldfrage oft nicht eindeutig zu klären ist. Es zeige sich, dass es umso schwieriger ist über Schuld zu entscheiden, je mehr man über den Menschen weiß. Das Thema ist heute aktueller denn je und es zeige sich, dass eher freiheitliche Systeme versuchen, Probleme zu lösen und bei der Frage nach Schuld zu differenzieren. Migranten, Verfolgte oder Missbrauchsopfer aller Art haben dort bessere Chancen, menschenwürdig zu leben. Aber auch wenn Hans Küng mit seinem „Weltethos“ versucht hat, Orientierung zu geben, ist die Frage der Verantwortlichkeit letztlich nicht geklärt. Es bleibt die Erkenntnis, dass es keinen Frieden ohne Gerechtigkeit und keine Gerechtigkeit ohne Vergebung gibt. 

Der Auftaktdiskurs fand zwei Tage später mit der „Erzählung vom Regenbogen“ seine Fortsetzung im Gemeindehaus St. Margareta. Dr. Aloys Thomes moderierte den Abend, der von dem sechsköpfigen Vorbereitungsteam kurzweilig gestaltet und mit der Vorführung eines Ausschnitts aus dem Hollywood-Streifen „Noah“ eingeleitet wurde. Anschließend wurden drei sich aus dem Bibeltext (Gen. 9,1-17.28) ergebenen Fragen zur Versöhnung zwischen Gott, Mensch und Tier in Arbeitsgruppen diskutiert. Die in großer Runde vorgetragenen Ergebnisse verdeutlichten, dass der Regenbogen ein Zeichen für Versöhnung ist und auch für Toleranz und Vielfalt steht. Die Bevollmächtigung der Menschen, über der Schöpfung zu stehen, habe aufgrund von Gier und Selbstüberschätzung zu viel Leid und ausuferndem Verhalten geführt, hieß es. Und das habe weder vor Menschen noch Tieren Halt gemacht. Daher sind neue Initiativen zur Bewahrung der Schöpfung besonders zu begrüßen.

Am dritten Themenabend befasste sich Vikar Dr. Jonathan Robker mit dem kulturellen Kontext der Schöpfungsgeschichte. In einer gottesdienstähnlichen Atmosphäre in der gut besuchten Hohner Kirche konnten sich die Gäste mit Blick auf den Orient ein „biblisches Bild“ davon machen, was es bedeutet, in der Schöpfung zu leben. Der Begriff „In der Schöpfung zu walten“ ist „weisheitlich“ geprägt, was von vornherein jede Ausbeutung ausschließt, erklärte Robker. Mit Gebeten und den gemeinsam gesungenen Liedern „Meine engen Grenzen“ und „Komm Herr segne uns“ ging ein gelungener Abend zu Ende, bei dem sich Vikar Robker auch über erneut teilnehmende Besucher der neuapostolischen Kirche freute.

Die ökumenische Andacht in der St. Margareta-Kirche am Freitag, den 02.02.2024 war der würdige Abschluss der Woche. Die Lesung trug Pfarrer Kossen zur Geschichte von Kain und Abel vor. Pfarrerin Sigrid Holtgrave verdeutlichte, dass der dort beschriebene Brudermord heute seine Entsprechung in zahlreichen Verbrechen weltweit hat. Gott habe zwar den Übeltäter bestraft und vertrieben, er hat aber nicht Gleiches mit Gleichem vergolten. Somit gäbe es auch heute noch die Möglichkeit, dass Urheber von Leid und Unrecht den Weg zurück zu Gott und zum Frieden finden. Entsprechende Wünsche und Gedanken konnten die Anwesenden auf einer Karte festhalten und mit einer Kerze am Altar ablegen. Mit diesem Bild der Hoffnung vor Augen fanden sich die Besucher zu einem kleinen Imbiss im Gemeindehaus ein und zeigten sich gespannt auf das Thema der nächsten Veranstaltungsreihe.        

Text und Foto: Peter Oehmen 

Das Ankündigungsplakat der 86. Bibelwoche 2024