Schon auf dem Weg zur Kirche begegneten mir zwei Gottesdienstbesucher mit Behältnissen, die höchstwahrscheinlich das Buffet „Wir teilen was wir mitbringen“ bereichern sollten. Das angekündigte Picknick am Ende des Gottesdienstes schien also gesichert. Und so war es dann auch, dieses Mal sehr reichhaltig und schmackhafte Bratwürstchen, frisch vom Grill von Herbert Rosemann zubereitet, rundeten die Tafel ab. Aber da war zuerst der Gottesdienst.
Der Kirchenraum von St. Christophorus war bereits gut besetzt, ich fand aber hinten noch einen Platz und hatte so einen guten Überblick. Links von der Orgel stand eine große Leinwand, auf der das Thema dieses Gottesdienstes „Sundays for future“ zu lesen war. Die Musikgruppe ConTakt und der Christophorus-Singkreis hatten sich eingerichtet und waren bereit für die musikalische Begleitung der Gesänge. „Hm, sieht alles so aus wie immer...“, dachte ich bei mir. Was war jetzt das Besondere, mit dem mich der Besucher aus Ladbergen in Leeden am vergangenen Sonntag so neugierig gemacht hatte? Dann ging es los, die Musikgruppe ConTakt und der Christophorus-Singkreis stimmten das Lied an „Unter einem großen Himmel leben wir...“, die Gemeinde konnte den Text von der großen Leinwand ablesen und so kräftig mitsingen. Ein Lied, das in der Effeta-Jugendkirche in Münster wohl oft und gerne gesungen wird.
Die Bilder auf der Leinwand deuteten es an. Dort waren Schüler mit Transparenten zu sehen, die eindringlich auf den Klimawandel und deren Auswirkungen hinwiesen. Alexander Fenker bemerkte dann in der Einführung in das Thema, dass nun keine Zeit mehr für Ausflüchte und Entschuldigungen wäre, um sein eigenes Verhalten zu rechtfertigen. Sondern, dass die Zeit zum Handeln gekommen ist. Vor gut einem Jahr initiierte Greta Thunberg aus Schweden weltweit die Bewegung „Fridays for Future“, die heute tausende Schüler auf die Straßen und Plätze treibt, um von den handelnden Politikern klimafreundliche Veränderungen zu fordern, damit sie auch in Zukunft unter erträglichen Bedingungen auf diesem Planeten leben können.
Aha, dachte ich, es geht um mich, um uns, die wir in der sogenannten ersten Welt leben. Lange genug hätten wir auf Kosten der Menschen gelebt, die wir auch heute noch als die Dritte Welt bezeichnen. Lange genug hätten wir genommen, was die Schöpfung zu bieten hat auf Kosten derer, die heute aus ihren Ländern flüchten, um bei uns ein besseres Leben führen zu können.
„Wie stehen wir als Christen zu diesen Fragen“, so fragte Alexander Fenker die Anwesenden, „müssten wir nicht in einem Streik Sundays for future treten?“ In einem Comic würden jetzt über den Köpfen der Leute in den Bänken viele Fragezeichen zu sehen sein. Natürlich waren die Fragezeichen nicht zu sehen, aber mein Rundblick erfasste doch viele fragende Gesichter.
Nach dem Kyrie sangen Annika und Felix das Lied „Wozu sind Kriege da“, das Udo Lindenberg schon 1981 geschrieben und gesungen hat. Alexander Fenker war sichtlich gerührt, vom Vortrag und der Grundbotschaft des Liedes, das Kriege und Unterdrückung nicht dem Wohl der Menschheit dienen, von den allermeisten nicht gewollt sind und doch stattfinden.
„Herr Präsident, du bist doch einer von diesen Herrn, du musst das doch wissen, kannst mir das mal erklärn...“ so sangen Annika und Felix und stellten all die Fragen, die Udo Lindenberg schon 1981 formulierte und die längst nicht ihre Berechtigung verloren haben. Bei YouTube finden sie die Originalfassung des Liedes. Die Eltern von Annika und Felix haben den Auftritt ihrer Kinder gefilmt und uns das Video zur Verfügung gestellt. Danke dafür!
Aber nicht nur Udo Lindenberg hat ein Antikriegslied geschrieben, auch Herbert Grönemeier forderte mit seinem Lied „Kinder an die Macht“, die Zukunft unserer Kinder nicht zu zerstören und ihnen ein Mitspracherecht, was ihre Zukunft angeht, zu geben. Alexander Fenker forderte gar ein Wahlrecht für Kinder: „Sie müssen die Welt mitgestalten dürfen, weil sie noch am längsten hier leben wollen und sollen! Also können wir fragen, fordern und diskutieren, welche Partei bereit ist, diese Idee in ihr Wahlprogramm aufzunehmen. Und wenn wir niemanden finden, der uns ernst nimmt, dann müssen wir vielleicht selbst eine Kinderwahlrechtspartei gründen.“
Im weiteren Verlauf forderte Fenker die Gemeinde auf, in einer sogenannten Murmelpredigt Fragen wie „Was kann ich tun, dass der Klimawandel verlangsamt wird?“ oder „Wo können erste Schritte sein?“ und „Wie kann ich Frieden vor Ort gestalten?“ zu diskutieren und die Ergebnisse auf die verteilten Zettel oder auf die vor dem Altar ausgelegte Papierbahn zu schreiben. Sogleich setzte mäßig lautes Gemurmel ein und viele Antworten wurden auf die Papierbahn geschrieben.
Eine Auswahl sehen Sie auf den Bildern.
So endete die Murmelpredigt zwar ohne konkrete Ergebnisse, die zum Wohle der Menschheit sofort wirksam würden, aber es schärfte die Sinne und das Bewusstsein der Diskutanten, dass wirklich die Zeit zum Handeln gekommen ist und alle aufgefordert sind, ihr eigenes Handeln im täglichen Leben zu überdenken und ggf. zu korrigieren.
Der Gottesdienst wurde von Pater Hürter wie gewohnt beendet und entließ die Gemeinde zum Picknick, die eilig dem Duft von frischen Grillwürstchen folgte.
Ich schaute mich noch ein wenig um, machte ein paar Fotos und las auf der Leinwand nochmals das Thema des Gottesdienstes „Sundays for future“ - Sonntage für die Zukunft - wird es davon mehrere geben, oder war dies ein einmaliges Ereignis? Die Frage bleibt offen.
Frau Beumker lud die zum Picknick gebliebenen Gäste zum ökumenischen Gottesdienst ein, der am 28. Juli an der Remise der Stiftskirche in Leeden gefeiert wird. Dort soll es auch ein anschließendes Picknick geben und bat darum, Salate und andere Leckereien mitzubringen, damit das Buffet „Wir teilen, was wir mitbringen“ stattfinden kann. Im Vorjahr war es wegen des ansässigen Imbisses auf dem Campingplatz „Regenbogen“ nicht möglich.
Ich werde dabei sein und schauen, ob das geklappt hat.
Heino Paulisch
Lesen Sie hier die Texte von Alexander Fenker